Schuldenbremse: Fratzscher rechnet nur mit „homöopathischer“ Reform

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, rechnet nicht mit einer grundlegenden Reform der Schuldenbremse nach der Bundestagswahl. „Es wird eher eine homöopathische, symbolische Reform sein“, sagte Fratzscher dem „Tagesspiegel“.
Demnach sei es eher denkbar, technische Anpassungen oder die Erlaubnis für die Bundesländer wie der Bund eigene Schulden machen zu dürfen.
Versprechen belasten die nächsten 20 Jahre
Der Ökonom forderte daher die Schuldenbremse „generationengerecht“ aufzustellen. „Das langfristige Problem sind die impliziten Schulden, also Versprechen, die wir den Babyboomern für die nächsten 20 Jahre gemacht haben“, sagte Fratzscher. „Diese Kosten werden explodieren und müssen vom Staat im Interesse künftiger Generationen begrenzt werden“.
Der Politik warf der Ökonom Unehrlichkeit vor: „Sie verspricht den Menschen, man könne die Schuldenbremse so beibehalten und sie trotzdem entlasten und mehr investieren“, sagte Fratzscher.
Stattdessen müsse man sich entscheiden zwischen einem weiteren Verfall der Infrastruktur und mehr Möglichkeiten für den Staat.
Fratzscher kritisierte auch den hohen Anteil von staatlichen Rentenzuschüssen am Etat: „Ein Viertel des Haushalts sind Zuschüsse zur gesetzlichen Rente – Tendenz steigend“, sagte der Ökonom dem „Tagesspiegel“. Dafür müssten vor allem junge Menschen bezahlen: „Hier Reformen vorzunehmen, traut sich die Politik nicht“.
Keine soliden Wahlprogramme
Die Programme der politischen Parteien zur anstehenden Bundestagswahl sieht der Ökonom sehr kritisch. „Keine der Parteien hat einen soliden Plan für die Zukunft vorgelegt.“
Stattdessen versuche man sich durchzumogeln und verspräche Firmen wie Spitzenverdienern das Blaue vom Himmel, ohne zu sagen, wie man Entlastungen finanzieren wolle.
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Nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft stellen AfD und FDP Steuersenkungen von weit über hundert Milliarden Euro pro Jahr in Aussicht, die Union von rund 100 Milliarden. Diese wollen die Parteien erklärtermaßen auch über Einsparungen etwa beim Bürgergeld finanzieren, was Fratzscher kritisiert.
Staat müsse kleiner und effizienter werden
„Es ist ein Kardinalfehler zu glauben, dass man mit Kürzungen von sozialen Leistungen, wie sie Union und FDP fordern, wirklich Geld sparen kann“, sagte der Ökonom. Aus seiner Sicht würden Menschen langfristig nur noch stärker vom Sozialstaat abhängig.
Die Parteien trauten den Bürgern „nicht zu, dass sie mit der Wahrheit umgehen können“, sagte Fratzscher. „Das ist für mich ein Armutszeugnis für die Demokratie.”
Der Ökonom forderte von den Parteien Ehrlichkeit und einen klaren Kompass. „Dazu gehören mutige Reformen, die so manche Besitzstände beschneiden werden“, sagte Fratzscher. Auch der Staat müsse aus seiner Sicht kleiner und effizienter werden. (dts/red)
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