Buschmann (FDP): Corona-Krise zu Wende im Umgang mit Mittelschicht nutzen, sonst droht Revolution

Der FDP-Geschäftsführer im Bundestag, Marco Buschmann, mahnt dazu, eine Exit-Strategie bezüglich der Corona-Maßnahmen zu entwickeln. Nach Ende der Krise müsse man politische Prioritäten ändern, sonst könne es zu einer „Revolution der Mittelschicht“ kommen.
Titelbild
Marco Buschmann, FDP.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa/dpa
Von 1. April 2020

Im Moment scheint es noch keine nennenswerten Vorbehalte in der deutschen Bevölkerung gegen die Corona-bedingten Einschränkungen zu geben. Der Abgeordnete und Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, Dr. Marco Buschmann, geht jedoch nicht davon aus, dass dieser Zustand längerfristig anhalten wird.

Er fordert von der Bundesregierung eine Exit-Strategie, die erkennen lässt, wann und wie sich Normalität wiederherstellen lässt – andernfalls drohe eine „Revolution der Mittelschicht“.

Keine Revolution, wenn es Menschen am schlechtesten geht

Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland finden derzeit noch eine breite Zustimmung. Dem ZDF-„Politbarometer“ vom Freitag der Vorwoche (27.3.) zufolge finden 75 Prozent der Befragten die derzeitigen vom Staat verordneten Einschränkungen des sozialen Lebens angemessen. 20 Prozent würden sogar noch härtere Maßnahmen begrüßen. Nur vier Prozent sehen die Vorkehrungen, die eine Beeinträchtigung des zuvor gewohnten Alltagslebens bewirken, als übertrieben an.

Im „Spiegel“ gibt Marco Buschmann jedoch seiner Einschätzung Ausdruck, dass die Stimmung in der Bevölkerung und vor allem in der Mittelschicht abrupt kippen könne. Dies drohe vor allem dann, wenn sich zu den Einbußen in der Lebensqualität infolge von Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen auch noch spürbare finanzielle Einbußen bemerkbar machen.

„Revolutionen finden nicht dann statt, wenn es den Menschen am schlechtesten geht“, schreibt der FDP-Politiker unter Bezugnahme auf den französischen Historiker Alexis de Tocqueville. „Sie neigen dazu, wenn auf eine lange Periode großen Wohlstands ein plötzlicher Einbruch stattfindet.“

Buschmann will „sichere Häfen“ für Nichtinfizierte

Vom Deutschland der 1930er Jahre bis heute hätten Soziologen von Theodor Geiger über Samuel Huntington bis hin zu Francis Fukuyama politische Radikalisierung und Polarisierung stets als Reaktion der Mittelschicht auf gesellschaftlichen Abstieg identifiziert. Es genüge bereits die Angst vor einem Absturz und auch nur einer relativen Schlechterstellung gegenüber anderen Gruppen, um hier ein revolutionäres Potenzial zu schaffen.

Sobald die bis dato festgesetzte Geltungsdauer der Beschlüsse des Deutschen Bundestags vom vergangenen Mittwoch (25.3.) erreicht ist, müssten medizinische Szenarien und politische Abwägungen erkennbar sein. Man müsse die Frage stellen, wann es verantwortbar und ab wann es sogar geboten sei, die jetzige Ausnahmesituation der sozialen Distanzierung zurückzufahren und schließlich zu beenden.

Entscheidend dafür sollte unter anderem sein, ob es bis dahin taugliche – zugelassene und ausreichend skalierbar produzierbare – Medikamente gäbe, die COVID-19-Verläufe abmildern und die Sterblichkeitsrate senken könnten. Auch die Verfügbarkeit von Massentests müsse eine Rolle spielen. Träger des Virus könnten so schneller identifiziert und isoliert werden. Gleichzeitig könne man jedoch auch „sichere Häfen“ schaffen, in denen negativ getestete Menschen frei interagieren könnten.

Mittelschicht hat dem Staat viel ermöglicht

Wenn Risikogruppen gezielt so geschützt werden könnten, dass Gesundheitsgefahren für die restliche Bevölkerung auf das Niveau einer schweren Grippewelle sinken würden, wäre „eine Aufhebung des allgemeinen Lockdowns nicht nur verantwortbar möglich, sondern grundrechtlich sogar geboten“. In diese Abwägung, so Buschmann, müsse auch eine mögliche Radikalisierung der Mittelschicht mit einfließen.

Generell müsse der Mittelschicht nach dem Ende der Krise wieder ein neues Augenmerk geschenkt werden, fordert der FDP-Politiker:

Klaglos hat sie über Jahrzehnte dafür gesorgt, dass der Staat mit Steuern und Abgaben auskömmlich versorgt wird, um Infrastruktur, Bildung und sozialen Ausgleich zu finanzieren. Dazu gehört der Kfz-Mechatroniker wie die Einzelhandelskauffrau, der Bauarbeiter wie die Polizistin, der Lehrer wie der Unternehmer oder die Freiberuflerin.“

FDP-Politiker warnt vor Unzufriedenheit unter den Produktiven

Diese Menschen seien in den vergangenen Jahren vonseiten der Politik vernachlässigt worden. Stattdessen hätten Projekte wie Rentenpakete oder zur Ausweitung von Sozialleistungen die Regierungspolitik dominiert.

Was Buschmann nicht nennt, aber von Mittelstandsverbänden ebenfalls schon mehrfach beklagt wurde, sind in diesem Zusammenhang auch Belastungen und Einschränkungen unter dem Banner ökologischer Anliegen.

Der FDP-Politiker warnt, dass die Geduld der produktivsten Teile der Bevölkerung auch ein Ende finden könnte: „Wenn die deutsche Mittelschicht den Eindruck erlangen sollte, dass ihre Belange und Bedürfnisse angesichts der Bedrohung ihrer sozialen Lage nicht ins Zentrum der deutschen Politik rücken und dort zu einer klaren Änderung der Prioritäten führen, dann soll kein verantwortlicher Politiker behaupten, er habe nicht wissen können, was dann geschieht. Dann liegt irgendwann Revolution in der Luft.“

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